Kennt ihr Nick, den fliegenden Backstein? Nick soll versprochen haben,
dass er am Freitag, den 13. Dezember 2019 die Schwerkraft aufheben wird, wenn er die Parlamentswahl in GB gewinnen sollte. Nun ist es ja bekanntermaßen anders gekommen. Ich hab es ihm ja sowieso nicht geglaubt, dass er das hinkriegen würde. Aber man weiß ja nie. Vielleicht gibt es da ein Geheimnis, was nur er kennt...
Ein ganz anderer Typ ist mein Teamkollege Jens. Ähnlich wie ich kämpft Jens insbesondere bei Wettkämpfen gegen die Schwerkraft und macht dies sogar ein ganzes Stück besser als ich. Ab und an kokettiert er mit seinem Alter und dass er immer langsamer wird. Aber das nehme ich ihm nicht ab, genauso wie die Ansage von Nick. Jens hinter sich zu lassen ist für mich ein bisschen wie Ostern und Weihnachten an einem Tag. Zum Beispiel wenn er mal richtig mies drauf ist, wie beim
Ratzeburger Adventslauf 2008. Aber das ist ja auch schon über 11 Jahre her.
Trotzdem dachte ich, heute könnte es klappen, den Jens zu versägen. Dieser hatte bereits die Mittel- und Langstrecke in den Beinen, so dass die Situation günstig schien. Das Wetter hatte sich auch wieder eingekriegt, sprich die Schauer und die Windböen hatten sich verzogen, so dass sogar die Sonne rauskam. Trotzdem fand ich es bei 5°C auch ohne Wind ganz schön frisch.
Um 15:20 Uhr erfolgte unser Kurzstrecken-Start und die Meute stürmte mit einem Affenzahn los. Ich hatte mich vorne in der dritten Reihe platziert, um flott und ohne viel Slalom loslaufen zu können. Direkt neben mir lief Marlene, ein hoffnungsvolles Nachwuchstalent, die von ihrem Fankreis beim erstmaligen Passieren der Zielgerade lautstark angefeuert wurde. Von da an gings bergab. Geografisch gesehen. Ich versuchte das Tempo hoch zu halten, ohne ans Limit zu gehen, was einigermaßen klappte.
Die erste kleine Steigung bei Kilometer 1 war auch kein echtes Problem bei einer Splitzeit von 4:20 Minuten. Marlene war weiterhin stets in der Nähe, mal kurz vor mir, mal etwas dahinter. Wobei es in meiner Wahrnehmung bei ihr kein wirkliches Laufen war, sondern mehr ein elfengleiches Schweben, was ich in meiner eigenen Schwerfälligkeit sehr beeindruckend fand. Kurz nach der Zeitnahme, als es scharf links um die Kurve ging, gab ich mich immer noch der Illusion hin, Jens die Hacken zeigen zu können. Aber der hatte andere Pläne und schob sich auf dem langen Flachstück einfach an mir vorbei. Ich versuchte einmal kurz, dranzubleiben, unterließ es aber tunlichst mit Blick auf meinen rasselnden Atem und die gleich folgende Steigung hoch zur Trabrennbahn.
Die fünftplatzierte Frau überholte uns ebenfalls und die Elfe an meiner Seite zuckte kurz, um ihr zu folgen, entschied sich aber dagegen. Vor mir lief ein Polizist, den ich ab jetzt als meinen Tempomacher auserkoren hatte. Wobei ich mich an der Steigung erst Mal auf mich selbst konzentrieren musste, weil hier die Schwerkraft ganz besonders stark spürbar war.
Für Marlene schien der Anstieg allerdings keine besondere Herausforderung zu sein. Leichtfüßig tänzelte sie den Berg hoch. Mir drängte sich der Verdacht auf, dass der oben erwähnte Nick sein Geheimnis wenigstens zu einem kleinen Teil an sie verraten haben muss. Ich wollte sie fragen, aber da war sie auch schon entschwunden und ließ mich mit meinem Polizisten allein auf weiter Flur. Vor uns lag nur noch die Umrundung der Spielwiese.
Der Abstand zwischen mir und dem Gesetzteshüter lag immer so zwischen 10 und 15 Metern und das Tempo war wieder ein wenig angezogen, nachdem die letzte Steigung überwunden war. Weiter vorne sah ich Jens, der aber aktuell unerreichbar war. Als wir die Startlinie passierten, hörte ich Schritte hinter mir. Und die kamen langsam näher. Also entschloss ich mich zu einer Tempoverschärfung auf den letzten 100 Metern. Langsam gesteigert schob ich mich erst an den Polizisten heran und dann an ihm vorbei. Es schien, als hätte er seine Höchstgeschwindigkeit erreicht und konnte (oder wollte) nicht dagegenhalten.
Bei mir war noch ein bisschen mehr drin, so dass ich weiter anzog und letztendlich mit einem 3:50er-Tempo über die Ziellinie flog. Eine Sekunde nach mir kam mein Verfolger, weitere zwei Sekunden später der Polizist. Zu Jens fehlten mir dann doch noch respektable 16 Sekunden und zur 12jährigen Elfe 11 Sekunden. Es dauerte eine ganze Zeit, bis ich im Ziel wieder zu Atem kam und Jens gratulieren konnte. Starke Leistung! Und es hat riesig Spaß gemacht, auch wenn die letzten 300 Meter eine echte Qual waren.
Die erreichte Endzeit von 14:54 Minuten ist dem aktuellen Leistungsstand entsprechend ok. Viel mehr wäre heute nicht rauszuquetschen gewesen. Der Vergleich zu den Vorjahren, wo ich dieses Tempo teilweise auf allen drei Strecken hintereinander gelaufen bin, ist ernüchternd. Vielleicht verrät mir Jens doch noch sein Erfolgsrezept oder ich frage mal vorsichtig bei Nick an, ob für mich was bzgl. Schwerkraft machbar wäre...
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Streckenkarte (Anklicken für Details)Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0Höhenprofil