Endlich war es soweit. Für
Jan und mich ging es nach langer Zeit wieder auf einen Wettkampf. Jan wollte seine nicht vorhandene Form auf der längsten angebotenen Distanz, den 10.000 Metern unter Beweis stellen und ich, da ich im Gegensatz zu ihm mein Potential einschätzen konnte, versuchte es erst gar nicht. Spaß beiseite, ich war gesundheitlich noch nicht in der Verfassung, "was Schnelles" zu machen und hatte mir in den Kopf gesetzt, nach 11 Jahren mal wieder einen Speer in die Hand zu nehmen und zu schauen, was noch so geht.

Aber zuerst war Jan um 18:45 Uhr dran. Leichter Regen setzte ein und ich betätigte mich als Fotograf, um ihn auf der ersten Runde in Führung liegend abzulichten. Leider hielt die Freude über diese Position nur wenige Minuten, dann wurde er von einigen schnelleren Leuten überholt. Trotzdem zog Jan seinen Stiefel recht konstant durch und konnte das Rennen in 46:17,9 Minuten auf Platz 2 in seiner Altersklasse beenden.
Während Jan seine Runden drehte, ging ich rüber zum Wassergraben, wo das Speerwerfen stattfinden sollte, schnappte mir einen "Zahnstocher" und machte mich warm. Ich fand es faszinierend, wie einwandfrei das Einwerfen funktionierte. Das war vor zweieinhalb Jahren ganz anders bzw. wäre es gar nicht denkbar gewesen. Da hatte ich mir was extrem Schmerzhaftes in der rechten Schulter eingefangen, was mich in der maximalen Ausprägung daran hinderte, meinen Arm nicht höher als Schulterhöhe anheben zu können. Das war nicht wirklich schön und behinderte mich gewaltig.
In der Zeit suchte ich mir einen Physio und wurde auf meinem Nachhauseweg in Halstenbek bei den
Nordlichtern fündig. Das war für mich ein Glücksgriff in mehrfacher Hinsicht. Als Physio wurde mir
Kevin zugeteilt, der mich in diesen drei Monaten nicht nur von meinen Schmerzen befreien, sondern auch bestens unterhalten konnte. Einmal wäre ich vor Lachen sogar fast von der Pritsche gefallen. Erst nach zwei oder drei Wochen steckte mir sein Chef, dass er ja eigentlich nur in Teilzeit dort arbeite und hauptberuflich als Magier unterwegs sei. Eine kurze Gooogle-Abfrage später war ich schlauer und mir wurde klar, dass seine magischen Hände nicht nur beim Malträtieren meiner schmerzenden Schulter hervorragend funktionierten, sondern auch bei seinen Zaubertricks.
Nach Beenden der herzerfrischenden Sitzungen bei Kevin wurde meine Schulter langsam besser, aber es dauerte ein knappes Jahr, bis ich nahezu meine komplette Bewegungsfähigkeit wieder erlangt hatte. Dann kam Corona und währenddessen entstand der Wunsch, es mal wieder mit dem Speer zu probieren. Zumal es ab der M50 einen Altersklassenbonus von 100 Gramm gibt und ich nun mit einem 700g "leichten" Gerät zu Werke gehen durfte. Wobei ich keinen wirklichen Unterschied zum 800g "Erwachsenen-Speer" gespürt habe. Aber da kann mir auch die Erinnerung einen Streich gespielt haben.

Als es dann zum Wettkampf ging, war ich überrascht, dass ich der Jüngste in der ganzen Runde war. Der nächste war bereits 15 Jahre älter als ich und der Rest tummelte sich in den Klassen M70 bis M85. Demzufolge war bereits hier klar, dass der Altersklassensieg an mich gehen sollte. Das war aber eigentlich sekundär. Mich interessierte mehr, wie weit ich denn überhaupt in der Lage war zu werfen. Ein bisschen Nervösität kam schon auf, als ich der erste war, der aufgerufen wurde. Das fühlte sich schon mal genauso an wie früher.
Der erste Wurf klappte auch super und ich setzte mich nach dem ersten Durchgang an die Spitze des gesamten Feldes. Allerdings wurde die Weite nicht sofort gemessen, sondern Metallmarkierungen mit Nummern in den Rasen gestochen, wo der Speer aufgekommen war. Im Laufe des Wettkampfes ging bei mir leider immer mehr die Kraft weg, während sich noch zwei andere Kollegen weitenmässig an mir vorbeischieben konnten. Ich hätte gerne noch einen rausgehauen, aber ich kam einfach nicht mehr an meine Metallmarkierung aus dem ersten Versuch heran. Ich versuchte es mit einer etwas höheren Anlaufgeschwindigkeit oder einem geänderten Anstellwinkel. Aber es war nix zu machen.
Nach dem letzten Versuch wurde es dann spannend, als die Weiten gemessen wurden. Begonnen wurde mit der kürzesten Weite, daher musste ich mich noch gedulden. Als dann meine Weite abgelesen wurde, ahnte ich es bereits und muss sagen, dass ich schon ein wenig enttäuscht war, "nur" 23,10 Meter geworfen zu haben. Vor 11 Jahren waren es noch satte 10 Meter mehr und zu meinen besten Zeiten sogar 20 Meter. Muss ich mich wohl dran gewöhnen, nicht nur im Laufen sondern auch im Speerwerfen kleinere Brötchen backen zu müssen. Wenigstens konnte mich der Altersklassensieg ein ganz bisschen trösten ;-)