Endlich war es soweit, dass ich hinter diese Veranstaltung einen Haken machen konnte. Da habe ich schon viele Jahre drauf gewartet. Immer wieder wollte ich an den Start gehen und dann kam immer wieder irgendwas dazwischen.
2019 hatte ich es fast geschafft. Ich saß in der S-Bahn und fuhr Richtung Wedel, als die Bahn unplanmäßig hielt, weil ein Baum quer über den Schienen lag und wir nicht weiterfahren konnten. Gemeinsam mit Danny irrte ich in der Gegend rum, um einen Bus oder eine andere Mitfahrgelegenheit zu ergattern. Kurze Zeit später trennten wir uns und ich entschied mich, den Weg nach Hause anzutreten. Auf wundersame Weise hatte es Danny bis zum Start geschafft, ich bin gefrustet zuhause selbst einen Halbmarathon gelaufen. Also dahingehend wurde es echt Zeit, hier endlich mal anzutreten.
Und ich versuchte es auch gleich besser zu machen. Die Fahrt mit dem Auto war in 15 Minuten erledigt und das P&R-Gebäude am Wedeler Bahnhof war noch ziemlich leer. Das Wetter hatte sich glücklicherweise auch zum Positiven gewendet. In der Nacht und morgens hatte es noch geregnet, aber bis auf ein paar ganz wenige Tröpfchen sollten wir beim kompletten Lauf verschont bleiben.
Um kurz vor 10 sammelten sich die Halbmarathonis im Startkanal und ich stellte mich in das zweite Drittel. Bloß nicht zu weit nach vorne. Es gab eh eine Nettozeitnahme, die beim Überqueren der Startline begann. BMS sei dank. Ich wollte sowieso nicht so schnell losrasen, da ich mich immer noch im Aufbau befinde. Stück für Stück hatte ich mich die vergangenen Wochen an längere Strecken herangetastet und wollte nach eineinhalb Jahren wieder eine Distanz jenseits der 20 Kilometer in Angriff nehmen.
Der erste Kilometer gefiel mir gleich gut, führte er doch im Bogen entlang der Wedeler Au. Zwar war es um einen rum noch recht voll, aber alles lief gesittet ab und das Tempo war sehr angenehm. Geschätzt hatte ich aufgrund meiner Traingsläufe einen entspannten 6er Schnitt, dass ich irgendwo zwischen 2:00 und 2:10 Stunden rauskommen könnte.
Nach der Wedeler Au wurde es urbaner, da wir nun Wedel von Ost nach West durchqueren mussten. Das war optisch jetzt nicht so prall, aber ich freute mich schon auf das, was uns danach erwarten sollte. Nach 2,5 Kilometern ließen wir die Zivilisation hinter uns und tauchten ein in die grünen Weiten des Wedeler Hinterlandes.
Mittlerweile hatten wir Kilometer 5 passiert und ich fühlte mich ausgesprochen locker bei einem Tempo zwischen 5:22 und 5:33. Das verleitete mich dazu, einmal darüber nachzudenken, wie schnell man denn laufen müsste, um unter 2 Stunden ins Ziel zu kommen. Ich schusterte mir in meinem Kopf zusammen, dass ich auf 10 Kilometer etwa 3:30 Minuten auf einen 6er-Schnitt rauslaufen müsste und wollte es mal probieren.
Über den Holmer Grenzweg liefen wir auf das Naherholungsgebiet Holmer Sandberge zu. Vorher gab es etwa bei Kilometer 7 einen ersten Erfrischungsstand, an dem ich mir einen Becher Wasser gönnte. Danach ging es zu meinem ersten Highlight, den Katastrophenweg. Der hört sich schlimmer an, als er wirklich ist. Es ist ein wunderschöner Naturweg, der quer durch die Holmer Sandberge führt. Ich kennen diese Gegend gut, da wir dort immer wieder mit dem Rad unterwegs sind. Laufenderweise bin ich hier eher seltener. Aber die Strecke dort ist ein echter Genuss.
Leider war diese schöne Passage bei Kilometer 8,5 bereits beendet und wir machten uns an die Durchquerung des Örtchens Holm. Kurz danach war Kilometer 10 erreicht und ich zog eine erste Zwischenbilanz. Die Uhr zeigte 54:55 Minuten, also hatte ich bereits 5:05 Minuten rausgelaufen und war kräftig im Haben. Das war m.E. auch notwendig, da ich nicht davon ausging, die zweite Hälfte genauso locker laufen zu können.
Danach machten wir uns auf nach Hetlingen. Es ging auf einem Radweg parallel zur Hetlinger Straße durch die Feldflur, bis kurz hinter Kilometer 12 Hetlingen erreicht war. Die Hetlinger Querung dauerte nicht lange und die zwei Kilometer bis zum nächsten Streckenhighlight waren ebenfalls schnell überwunden. Hier wartete die 5 Kilometer lange Deichpassage entlang der Elbe auf uns.
Von vielen wegen des Gegenwindes gefürchtet war es heute relativ harmlos, da der Wind seitlich aus Südwesten blies. Die Zwischenzeit bei Kilometer 15 lag bei 1:22:10 Std. und mein Guthaben wuchs auf 7:50 Minuten, womit ich innerlich einen Haken machen konnte, sofern ich weiterhin unter 6 Minuten im Schnitt bleiben sollte.
Ich hörte eine weibliche Stimme hinter mir, ob ich mich auch mal in den Windschatten hängen wolle, aber ich fühlte mich weiterhin gut und war auch froh, einen freien Blick nach vorn behalten zu können (Stichwort Schafscheiße ;-). Aber 1,5 Kilometer später zog die Deern dann an mir vorbei und meinte lobend, dass ich wie eine Uhr laufen würde. Das freute mich, aber ihr Tempo konnte ich nicht mitgehen. Bis zum Ziel sollte sie sogar einen Vorsprung von 2 Minuten auf mich rauslaufen. Chapeau.
Ich kämpfte nun langsam mit aufkommender Müdigkeit, obwohl ich das Tempo noch unter 5:50 Minuten halten konnte. Aber bei Kilometer 19, als ein paar Regentropfen vom Himmel fielen, war bei mir der Stecker gezogen. Bei einer Zeit von 1:45 Std. hatte ich noch 15 Minuten bis zur 2 Stundenmarke, also mehr als 7 Minuten pro Kilometer. Das sollte trotz meines desolater werdenden Zustandes eigentlich reichen.
Kilometer 20 lag am Elbestadion und läutete den letzten urbanen Streckenteil ein, der zudem fies bergauf ging. Trotzdem schaffte ich den Kilometer in 6:07 Minuten und war froh, dass es gleich vorbei war. Die langgezogene Zielgerade war ein Genuss, besonders weil jetzt auch wieder die Sonne rausgekommen war. Leicht benebelt taumelte ich ins Ziel und freute mich über die erreichten 1:57:59 Std. und damit das Knacken der 2 Stunden-Marke.
Fazit: ein wirklich toller, aber auch anspruchsvoller Lauf in einer herrlichen Gegend. Hier kann man sicherlich noch ein weiteres Mal an den Start gehen. Schaun mer mal...
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Streckenkarte