"Wat meint der Jaust getz mit diese Überschrift?", mag sich der eine oder andere Spezi vielleicht denken, "Sich? Mich? Den Lauf? Oder wem?".
Ersteres vielleicht, aber nicht ganz. Es ging viel mehr um ein sich entwickelndes Gefühl, als ich mich mit dem Auto nach 10 Jahren Soest-Abstinenz über
die A44 dem Kreis und der Stadt annäherte. Die an mir vorbeischwebenden Ortschaften und das Einbiegen von der Autobahn mit anschließender
Fahrt über die Dörfer nach Günne fühlte sich so bekannt und wohlig an, dass in mir spontan das Bild des Hineinschlüpfens in einen alten und
lange nicht mehr benutzten Handschuh entstehen ließ. Einfach schön :-)
Im März hatte ich erfolgreich den
Ibbenbürener Klippenlauf überstanden und setzte mir auf dieser Euphoriewelle reitend in den Kopf, dass
es auch noch 5 Kilometer länger und ein paar Höhenmeter mehr sein könnten. Und zwar in Form des Möhnesee-Pokal-Laufes. Ich kannte bislang nur den
bis 2007 angebotenen Rundkurs. Daher war ich gespannt, wie sich die für mich "neue" Strecke darstellen und anfühlen würde. Respekt hatte ich auf jeden Fall.
Aber zunächst musste vorab ein kleiner Begrüßungsmarathon absolviert werden. Es war toll, mal wieder ein paar Sätze mit vielen alten Bekannten
und ein paar neuen Gesichtern wechseln zu können. Zu den neuen Gesichtern gehörte auch Günter, mit dem ich mich per Email verabredet hatte.
Wir kennen uns schon einige Jahre, haben uns aber bislang nur elektronisch ausgetauscht. Nun sollte es mal persönlich werden.
Am Start fragte Günter, welche Zeit mir so vorschweben würde und ich antwortete wahrheitsgemäß: "wenn es unter 3 Stunden bliebe, tät ich mich freuen".
Der avisierte 6er-Schnitt schien ihn nicht zu beeindrucken. Nachdem Ditze die 30er um kurz nach halb zwei auf die Reise geschickt hatte, liefen
wir Seite an Seite. Wenn wir nicht quatschten, tauschten wir uns aus und vergaßen fast unser Lauftempo. Das wurde trotz der anfänglichen leichten
Wellen recht flott und lag bei Kilometer 2 unter 10 Minuten. In mir kam der Gedanke auf, das Günter mich hier in Grund und Boden zu rennen
versuchte. Aber er passte sein Tempo wunderbar den bzw. meinen Gegenbenheiten an.
Der erste nennenswerte Anstieg ab Kilometer 2,3 holte uns tempomäßig auf den Boden der Tatsachen zurück. Diese Schleife, die zu laufen war, war neu für mich.
Die Steigung war recht moderat, bewirkte bei mir allerdings erste Aussetzer in der Kommunikation aufgrund von Luftknappheit. Oben angekommen pusteten
wir kurz durch, dann wurde weitergesabbelt. Im Wald ging es nun zügig bergab, bis wir wieder rechts auf den asphaltierten Weg entlang der Möhne
abbiegen konnten.
Als wir zum zweiten Mal der Möhne den Rücken kehrten, begann der eigentliche Anstieg zum Wendepunkt. Diese ca 2 km lange Rampe kannte ich
von der "alten" Streckenführung, was das Ganze aber nicht einfacher machte. Mit einem Becher Wasser gestärkt begannen wir mit dem Aufstieg zum
Gipfel, auf dem dann nach ca. 41 Minuten der Wendepunkt umrundet wurde. Gut fand ich, dass einem die Läufer entgegen kamen und man sie beobachten
und anfeuern konnte. Ein echter Vorteil gegenüber dem Rundkurs.
Auf dem selben Weg ging es nun zurück bis Kilometer 13,5. Von dort aus bog die Strecke links ab, hoch in den Wald und landete in der Verlängerung
auf der Zielgeraden, die ich schon von früher kannte.
Mit viel Applaus wurden die 30er bei ihrem ersten Zieldurchlauf am Heinrich-Lübke-Haus empfangen.
Durch ein Spalier der auf ihren Start wartenden 15er machten wir uns auf die zweite Runde. Sechs Minuten hatten wir hier bereits auf eine
3-Stunden-Endzeit gut gemacht.
Bis Kilometer 17 war bei uns auch alles in Ordnung, aber dann zerfiel unsere kleine Laufgemeinschaft. Ich hatte es gar nicht so mitbekommen und auch
nicht für möglich gehalten, aber Günter signalisierte eine Schwächephase und ließ mir den Vortritt. Ich lief "unser" Tempo weiter und machte
mir so meine Gedanke. Ob wir am Anfang zu schnell unterwegs gewesen sind, wie es mir wohl in ein paar Kilometern gehen würde und ob Günter vielleicht
noch mal aufschließen könnte? Ich hatte die Hoffnung, dass er sich wieder erholt und aufschließt.
Zunächst kamen aber erst mal die 15er von hinten angerauscht. Man konnte es schon an der Schrittfrequenz hören, dass das nicht Günter sein konnte.
Zu Beginn flogen die drei Führenden an mir vorbei, dann gab es eine längere Pause. Als ich auf dem Gefälle bei Kilometer 18,5 war, sah ich im
Augenwinkel ein Trikot mit dem Aufdruck LG Haarstrang. Meine Gehirnwindungen waren schon auf Standby und ich brauchte einen Moment, um sie zu reaktivieren.
Doch dann fiel es mir wieder ein: Matze Bretthauer. Und im selben Augenblick platze es aus Matze raus "Gruner + Jahr, das muss Bernd sein". Kurzes
freudiges Hallo und Shake Hands. Doch dann musste er weiter. Ich hatte den Eindruck, als wenn er heute noch was dringendes zu erledigen hatte ;-)
Ich hatte allerdings auch noch was vor. Und zwar die zweite Monstersteigung des Tages zu bewältigen. Das ging auch ganz leidlich, wobei das steilste
Stück mehr im Walkingtempo klappte. Direkt danach wieder in den leichten Trab und weiter auf Günter gewartet. Aber der kam und kam nicht. Beim zweiten
Wendepunkt hatte ich mit 2:09 Stunden immer noch 6 Minuten auf einen 6er-Schnitt gut und das schlimmste überstanden. Dachte ich.
Beim Bergablaufen musste ich erst Mal einen älteren Herrn maßregeln, der mich grußlos überholte und einer jungen Läuferin dicht auf den Fersen war.
Erschrocken schaute
Uli Sauer zu mir rüber, ich gab mich zu erkennen und er grinste breit.
Vermutlich in Erinnerung an den
Teutolauf vor 13 Jahren,
als er mich auf den letzten 1,5 Kilometern mit einem langgezogenen Endspurt in Super-SloMo stehen ließ. Seine Vorlieben für schnelle Tempomacherinnen
kennend ließ ich ihn ziehen und widmete mich weiter dem kontrollierten Bergablaufen.
Günter hab ich übrigens auch am Anstieg gesehen, machte mir aber keine Hoffnung mehr, dass er die Lücke von mittlerweile einem knappen Kilometer
noch zulaufen würde. Wobei ich mich auch zunehmend kaputter fühlte. Einmal setze ganz leichter Nieselregen ein, aber der war zu wenig, als das man
ihn als willkommene Erfrischung bei den zum Ende des Laufes recht molligen 24°C bezeichnen könnte. Ich war froh, dass die Temperaturen nicht im
oberen 20er-Bereich oder darüber lagen, da wäre ich heute sicher bei 3:30 Stunden ins Ziel gekrochen.
Die letzten zwei Anstiege, die es noch zu meistern galt, waren gemein. Mittlerweile total platt gönnte ich mir ein paar Gehpausen und verbrauchte so
etwa 2 Minuten meines Zeitpolsters. War mir letztendlich auch egal, da ich ja nur "unter 3" finishen wollte. Ende der letzten Steigung gabelte mich
mein Spezi Markus Schulte mit seinem Laufkollegen Reinhard auf. Das brachte wieder ein bisschen Leben in die Bude. Ein paar 100 Meter konnte ich dem
Tempo und Markus' Ausführungen folgen, ließ die zwei dann aber alleine Richtung Ziel driften. Auf Endspurt hatte ich definitiv keine Lust mehr.
Mit viel Applaus blieb die Uhr im Zielkanal dann bei 2:56:22 Stunden stehen. Fand ich gut. Wie erhofft, einigermaßen mit Anstand und viel Freude
beim Laufen. Danke an dieser Stelle an Ditze und sein Team für diese tolle Veranstaltung! Und was war mit Günter? 12 Minuten später trudelte er mit
einem Lächeln im Gesicht ins Ziel. Ich denke, er weiß woran es bei ihm lag und was als nächstes zu tun ist, um seine geplanten Projekte zu meistern.
Ich wünsch ihm auf jeden Fall alles Gute dafür!
Streckenkarte (anklicken für Details)Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0Höhenprofil (Anklicken zum Vergrößern)