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05.10.2024  |  4. Einzelzeitlauf der Brockenheroes  |  Schierke

Allein auf weiter Flur
[von Bernd Hegemann]

Zwei Wochen Urlaub standen an, in dem wir u.a. die Veranstaltung der Brockenheroes ins Visier genommen hatten. Für mich gab es einen Berglauf über 11,2 Kilometer von Schierke auf den Brocken, während meine bessere Hälfte die Nordic-Walkingstrecke über 6,5 Kilometer unter die Füße nahm.

Vorbereitung
Einen Berglauf über 11,2 Kilometer mit 550 Höhenmetern wollte ich nicht unvorbereitet auf mich zukommen lassen. Durch das Training für den Trail-Halbmarathon im Rosengarten hatte ich schon eine gute Grundlage für Anstiege geschaffen. Trotzdem wollte ich es noch ein wenig optimieren und bin ein paar mal nach Blankenese gefahren. Meine letzte Einheit vor Ort bestand darin, 7x den Waseberg mit der zusätzlichen Rampe auf den Bismarkstein hochzutackern. War gewissermaßen eine Intervalleinheit, da in Hamburg und Umgebung längere Anstiege Mangelware sind. Besser als nix.

Vor Ort
Im Harz angekommen bezogen wir gleich unser Zimmer in einer kleinen Pension, die nicht weit vom Veranstatungsgelände entfernt war. Wir holten uns am Tag vor dem Wettkampf die Startunterlagen ab und ich studierte neugierig den Starterbeutel. Auffällig war gleich der große Bogen mit Aufklebern, den ich sonst von Läufen nicht kenne. Ich vermute hier, dass der Veranstalter seine Wurzeln im Radsport hat und dass es dort Usus ist, Startnummern und andere wichtige Informationen als Aufkleber zur Verfügung zu stellen. Nachteil war, dass die Haftungsfähigkeit selbiger kaum gegeben war, so dass ich sie besser noch mit Sicherheitsnadeln fixierte.

Zudem lag bereits eine Blanko-Urkunde bei, die im Nachgang mit den Ergebnissen aus dem Internet angereichert selbst ausgedruckt werden konnte. Eine gute Idee, wie ich finde. Außerdem am Start bzw. im Starterbeutel war der Chip für die Zeitnahme, die obligatorischen Shampoo-Fläschchen und Pfefferminz, leider mit Zucker.

Tag des Rennens
Dreh- und Angelpunkt für den Wettkampf war die Schierker Feuersteinarena, ein sehr luftig gestaltetes Areal, in dem im Winter z.B. Eishockeyspiele stattfinden und die ansonsten als Eventarena genutzt wird. Die Brockenheroes haben wohl einiges in Bewegung gesetzt, um den Start (wieder) in die Arena verlegen zu können. Aus meiner Sicht war es auf jeden Fall eine würdige Location, wo auch das Orga-Büro beheimatet war und später die Siegerehrungen stattfinden sollten.

Der Wettkampf selbst war als Einzelzeitrennen ausgelegt, wobei der Schwerpunkt eindeutig im Radfahrbereich lag. Sprich die meisten Teilnehmer waren mit zwei Rädern unterm Hintern am Start, während die Zwei- bzw. "Vier"-beiner deutlich unterzählig waren. Das Ziel der meisten Teilnehmer:innen war die Spitze des Brockens, die von Schierke aus über die Brockenstraße in wie bereits erwähnten 11,2 Kilometern mit 550 Höhenmetern erreicht werden sollte. Der kleinere Teil der Läufer/Walker sollte sich mit einer Strecke über 6,5 Kilometer begnügen.

Start bis Kilometer 3
Meine Startzeit war auf 9:01:30 Uhr festgelegt worden und ich wartete gespannt im Startkanal auf mein Signal. Die Temperatur "unten" lag übrigens bei 6°C, weswegen ich mich für die Kombi oben lang/unten kurz entschieden hatte. Ob das klug war, wird sich später noch zeigen. Auf jeden Fall war ich der zweite von 20 Läufern, der hochgeschickt wurde. Den 30 Sekunden vor mir gestarteten hatte ich noch ein paar Minuten im Blick, allerdings entschwand er zügig ob seines höheren Tempos. 100%ig sicher war ich mir nicht, ob ich wirklich richtig abgebogen und auf Kurs war. Als Ortsunkundiger wäre ich dankbar gewesen, ein Schild oder einen Pfeil zu sehen. Mein Problem war, dass zu diesem Zeitpunkt kein anderer um mich rum war, an dem ich mich hätte orientieren können. Egal, habs ja intuitiv selbst gefunden ;-)

Die ersten drei Kilometer waren nach meinem Empfinden echt moderat. Die Steigung zwischen 2 und 4 Prozent konnte ich locker um die 5:20 Min./km wegdrücken, ohne hier schon in den roten Bereich zu kommen. Aber ich hatte mir das Höhenprofil angesehen und wusste, was noch auf mich wartete.

Kilometer 4 bis 7
Jetzt wurde es mit 5-6 Prozent langsam anspruchsvoller. Mein Schnitt lag zwischen 5:20 und 5:55 Min./km. Bei Kilometer 5 passierte mich der erste Läufer, vorher waren bereits etliche Rennradfahrer an mir vorbeigefahren. Hier unten war die Sicht noch ganz normal, aber beim nach oben schauen sah ich eine riesige Nebelwand, die über uns schwebte und keinen Blick auf die Bergspitze zuließ.

Kilometer 8 bis 10
Ab jetzt ging es richtig zur Sache. Darauf war ich vorbereitet. Allerdings wurde es auch immer schattiger. Die anfänglichen 6°C unten in Schierke hatten sich auf knappe 2°C heruntergekühlt. Mein kurzes Outfit und das niedrige Tempo sorgten dafür, dass es mir langsam immer kälter wurde. So quälte ich mich die 7 Prozent auf Kilometer 8 nach oben. Die 7 Prozent sind nur ein Durchschnittswert meiner Uhr, kurze Teile sollen laut Grafik auf der Brockenheroes-Homepage 10, 12 und 13 Prozent steil gewesen sein. Im Vergleich zu meinem Wasebergtraining war das aber immer noch auszuhalten und ich war froh, die im Training mehrfach absolvierten 16 Prozent als Vorbereitung gemacht zu haben.

Kilometer 9 und 10 waren wieder etwas zum Durchschnaufen, da nur 4 bzw. knapp 6 Prozent zu bewältigen waren. Der Schnitt, der auf Kilometer 8 auf knapp 8 Minuten gesackt war, pendelte zwischen 6 und 7 Minuten.

Kilometer 11 bis Ziel
Das letzte Stück bis zum Ziel war dann das Heftigste der ganzen Strecke. Teile mit 12, 13 und 14 Prozent standen im Weg, im Mittel habe ich knapp über 8 Prozent gemessen. Der Nebel um mich rum wurde immer dichter und es wurde richtig frisch, besonders wenn ab und zu mal eine Windböe über den Gipfel pfiff. Ab hier musste ich richtig kämpfen, war aber ganz happy darüber, auf dem kompletten Anstieg kein einziges Mal gegangen zu sein. Außerdem kam mir die Passage seit der zweiten Bahnquerung bekannt vor. Hier waren wir in einem Kurzurlaub 2021 seitlich rausgekommen und dieses letzte Stück auf der Brockenstraße gewandert. Das machte die Orientierung, die durch den Nebel kräftig eingeschränkt war, etwas besser.

Kilometer 11 ging mit langsamen 8 Minuten durch, was mir aber egal war. Ich war froh es fast geschafft zu haben und wartete sehnlichst darauf, das Ziel zu erreichen. Schemenhaft waren erst die Pylonen des Zielkanals zu erkennen und wie aus dem Nichts stand auf einmal das Ziel mit dem Zeitnahmewagen vor mir. Nette Helferinnen beglückwünschten alle, die ins Ziel kamen und gaben Hinweis auf Verpflegung und die Finishermedaille. Wieder ein Pluspunkt, dass die Medaille umweltfreundlich aus Holz hergestellt wurde und zudem noch ganz schick aussah.

Der Abstieg
Um nicht auf der Stelle einzufrieren, zog ich mir schnell eine Windjacke über und machte mich auf den Weg nach unten. Zuerst hatte ich damit geliebäugelt, die Brockenbahn zu nutzen, habe dann aber von den 37 Euro, die für eine Fahrkarte aufgerufen wurden, Abstand genommen. Außerdem hatte es sich so ergeben, dass ich den Zieleinlauf meiner Frau auf halber Strecke zum Brocken hoch miterleben konnte, wenn ich mir nicht zu viel Zeit ließ. Daher nutzte ich die Diretissima, also nicht die geschwungene Brockenstraße, sondern teilweise Abkürzungen über extrem holperige Wanderwege in einer bizarren Landschaft aud Nebel und halb abgesägten Baumstämmen. Diese Szenerie hätte auch in einem Horrorfilm vorkommen können.

Der 6,5 Kilometer lange Wurmfortsatz
Kommen wir jetzt zu dem, was bei der Veranstaltung weniger positiv war. Und zwar die Rennen über 6,5 Kilometer. Laut Veranstalter waren einige Helfer weggebrochen, so dass im 6,5er-Ziel (also mittig am Berg) keine Zeitnahme stattfinden konnte. Daher wurden die Teilnehmer:innen gebeten, die Zeit selbst zu stoppen und im Orgabüro anzugeben, was bei mir ein innerliches Kopfschütteln hervorrief, da das mit "ordnungsgemäßer Buchführung" rein gar nichts zu tun hat. Dazu kam, dass die Startgruppe meiner Frau laut Internet um ca. 10:30 Uhr im Einzelstart hätte starten sollen, was der Veranstalter am Morgen revidierte und auf ca. 9:45 Uhr mit Gruppenstart vorzog. Was dann zur Folge hatte, dass das zwei Teilnehmerinnen nicht mitbekamen und später starteten.

Aus meiner Sicht wirkten die 6,5 km Wettkämpfe wie ein stiefkindlich behandelter Fremdkörper, den man besser weggelassen hätte. Spätestens seit klar war, dass keine vernüftige Zeitnahme möglich war.

Fazit
Was bleibt am Ende zu sagen? Von jemandem, der in den Genuss elektronischer Zeitnahme kommen durfte, war der Wettkampf super und gut organisiert. Dass es auf der Strecke einsam war, lag an dem Prinzip eines Einzelzeitrennens und sollte jedem klar sein. Die Strecke selber ist nicht nur durch die Steigungen anspruchsvoll, sondern auch durch die langen Geraden, die eintönig wirken können. Mir macht so etwas nichts aus und die Quälerei hat im Großen und Ganzen sehr viel Spaß gemacht.

Ein fader Nachgeschmack bleibt lediglich bei der 6,5 Kilometer-Distanz aus den oben genannten Gründen. Schön wäre es auch, wenn sich die Verantwortlichkeiten auf mehrere Schultern verteilen würden, statt auf einer Person zu lasten. Der dadurch zu beobachtende Flaschenhalseffekt war mehr als deutlich, z.B. bei der Siegerehrung, die für 13 Uhr angesetzt war. Wann sie genau stattfand, kann ich nicht sagen, da wir nach 45 Minuten Warten in der zugigen und kalten Arena keine Lust mehr hatten, länger zu warten.



Zur kompletten Bildergalerie geht es hier lang.



Streckenkarte
Wetter und Boden
[von Bernd Hegemann]
5°C, Nebel, Wind leicht aus nord-west, Untergrund Asphalt, feucht
Ergebnis(se) in 2024
11,2 Kilometer
8. Bernd Hegemann   SG Gruner+Jahr   1:12:40 Std.   (6:29) 1.M55   40 % /100 %   
Ergebnisse im Internet
[von Bernd Hegemann]
Link zur Homepage
[von Bernd Hegemann]
 
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