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01.09.2013  |  11. Heldenlauf  |  Hamburg (Blankenese)

Schön, wenn der Brechreiz nachlässt
[von Bernd Hegemann]
Nachdem ich mich ja im letzten Bericht über das verkorste Jahr beschwert hatte, lief es danach gleich viel besser. In Vorbereitung auf diesen Lauf habe ich mich im August ein paar mal auf meiner Lieblingsstrecke in Fischbek herumgetrieben, um zum einen ein paar Höhenmeter zu fressen, aber auch um die wunderschöne Gegend zu genießen. Anfang August blüht dort die Heide, was ich mal versucht habe, im Bild einzufangen.

Anschliessend war ich noch ein paar mal auf der originalen Bergziegenstrecke unterwegs und musste feststellen, dass sich die Hügel in Fischbek doch ganz anders anfühlten, als die steilen Treppenabschnitte in Blankenese und dass doch einige andere Muskelgruppen angesprochen werden.

Wie kam ich eigentlich auf die Idee, diesen Lauf mitzumachen? Als ich im Frühjahr die Ausschreibung las und entdeckte, dass sich der Veranstalter nach dem letztjährigen Sonderlauf gegen die Cap San Diego heuer für eine Art Berglauf als Sonderwertung entschieden hatten, war ich sofort Feuer und Flamme. Wann hat man schon die Gelegenheit, im flachen Hamburg einen Lauf mitzumachen, der als "Hamburgs steilste Herausforderung" tituliert wurde und bei dem man am Ende neben einer Medaille auch noch eine tolle Spucktüte bekommt.

Die Bezeichnung Bergziege² erhielt dieser Lauf in Anlehnung an den kleinen HVV-Bus, der Bergziege genannt wird und sich durch die engen Blankeneser Straßen quält, wo die großen Gelenkbusse nicht durchkommen würden.

Mit Klaus war ich am Start verabredet. Klaus ist cool, der macht fast jeden Scheiß mit. Viele, die ich auf diese besondere Herausforderung angesprochenn hatte, wollten oder konnten nicht. Nicht so Klaus, der in den Vorjahren urbanathlongestärkt gleich von der irren Idee begeistert war, auch wenn bei diesem Lauf die Klettergerüste nur in Form von Steinstufen den Weg versperrten.

Als wir uns warmliefen, riss prompt die Wolkendecke auf auf bescherte uns einen komplett sonnigen Lauf bei angenehmen 19°C. Rechtzeitig im Startbereich angekommen wunderte uns die Übersichtlichkeit des Starterfeldes. Hatte der Veranstalter in der Ausschreibung das Kontingent auf 250 Starter beschränkt, so meldeten sich laut Ansage im Startbereich nur 132 Läufer an, von denen letztendlich nur gut 100 ins Ziel kamen. Solch ein Starterfeld kenne ich eher von der Kurzstrecke bei den BSV-Crossläufen. Demzufolge "luftig" war es um uns rum und wir konnten uns problemlos unsere Startposition aussuchen. Wir wählten die zweite Reihe und warteten auf das Startsignal.

Und das hat der Veranstalter auch echt raus, das muss ich sagen, die Spannung auf den letzten 90 Sekunden so hochzuziehen, dass selbst bei mir die Oberschenkel wabbelig wurden. Ich kann das ganz schwer beschreiben, diese spezielle Musik und das Wummern der Bässe, was den Herzrythmus nach oben zieht.

Um kurz nach zehn war dann die Wartezeit endlich vorbei und die Oberschenkel durften ihre langersehnte Pflicht erledigen. Kurzfristig an Position vier liegend ahnte ich schon, dass sich einige noch vornehm zurückhielten. Die ersten 500 Meter ging es flach an der Elbe entlang, um danach im rechten Winkel Richtung "Baurs Park" abzubiegen. Zuerst gab es nur ein paar Doppel und Dreifachstufen, die von leicht ansteigenden Passagen unterbrochen wurden, aber das wurde dann im Laufe der Zeit immer heftiger, da es immer mehr Stufen und immer weniger Laufpassagen gab. Einige ganz klevere liefen links an den Stufen vorbei den Berg hoch, aber das fand ich doof, weil doch gerade das Treppenlaufen diesen Lauf ausmachte.

Oben angekommen war dann auch der erste Kilometer fast rum und es kam ein Teil, auf dem man teilweise nach Luft schnappen konnte. Die fieseste Stelle war "Am Hang", wo es noch ein paar Treppenstufen zu erklimmen galt. Als das erledigt war, wurden die erarbeiteten Höhenmeter gleich wieder vernichtet, in dem man über "Op'n Kamp" und "Grube" wieder runter zum Strandweg mit Blick auf die Elbe bretterte. Ich hatte mir angewöhnt, immer zwei Stufen auf einmal runterzulaufen. Das war für mich der optimale Rythmus.

Unten angekommen war auch schon Kilometer zwei passé und nach 200 erholsamen Metern entlang der Elbe ging es rechts in den Phillipsstrom. Ab dieser Stelle begann der längste Anstieg von gut 80 Höhenmetern. Mir selbst fiel es gar nicht so auf, weil ich manchmal durch die vielen Kurven und Winkel gar nicht mitbekam, dass es stetig bergauf ging. Über die "Elbterasse" und die "Süllbergterasse" ging es an Kilometer 3 vorbei Richtung Bismarkstein. Mitlerweile waren etliche Läufer, die sich vornehm zurückgehalten hatten, an mir vorbei gezogen. Ich versuchte, mein Tempo zu finden, was nicht leicht war. An den Steigungen war die Sauerstoffschuld so groß, dass sie bei den Gefällstücken nicht ausgeglichen werden konnte. Außerdem schwappte mein Frühstück noch unangenehm im Magen rum und sehnte sich bereits nach der oben erwähnten Tüte.

Den Bismarkstein und das umliegende Gebiet kannte ich gut von verschiedenen Trainingseinheiten, z.B. als ich mich auf den auf den Brockenlauf in 2007 vorbereitet hatte. Hier gab es noch einmal ein paar fiese Treppenstufen zu erklimmen, bis endlich die Spitze erreicht war und wir ebenfalls über diverse Treppen wieder runterlaufen durften. Laut Veranstalter sollen gut 1.200 Treppenstufen in der Strecke verarbeitet worden sein.

Über die Brücke ging es rüber in "Schinckels Park", um ein paar Höhenmeter über die dortigen Parkwege mitzunehmen. Und was ja auch logisch war, hier gab es eine sehr lange Treppe, die wir Richtung "Waseberg" herunterhetzen durften. Mit dem "Waseberg", der aus TV-Berichten über die Cyclassics hinreichend bekannt ist, lag die letzte 16%ige und ca. 500 Meter lange Steigung des Tages vor uns. Mit kleinen, kraftsparenden Schritten tippelte ich den Anstieg hoch, der zum Schluss noch einmal fies nach links steiler werdend abbog.

Aber als das geschafft war, kam die Kür nach der Pflicht. Leicht abfallend ging es über "Hardenberg-" und "Karstenstraße" Richtung Blankeneser Marktplatz, wo als letztes eine kleine Rampe mit Zielüberquerung genommen werden musste. 300 Meter vor dem Ziel fing ich kurz an zu rechnen, ob mir 90 Sekunden noch reichen sollten, um unter 40 Minuten zu bleiben. Das sollte es, letztendlich blieb die Uhr bei 39:36 Minuten stehen und neben der tollen Tüte gabs dann noch eine kleine, und m.E. schöne Medaille umgehängt.

Und was war mit Klaus? Dem gings soweit ganz gut. Zwar hatte er sich an einer Treppenstufe leicht den Fuß vertreten, was ihn aber nicht davon abhielt, das Ding zu Ende zu laufen. Im Windschatten einer fast 30 Jahre jüngeren Läuferin finishte er in unter 51 Minuten.

Fazit: ich fand den Lauf total klasse, auch wenn meine Leistung nur suboptimal war. Ich würde mich echt freuen, wenn diese Art der Herausforderung einen festen Platz im Wettkampfkalender bekommen würde.


Streckenkarte


Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0


Höhenprofil

Ergebnis(se) in 2013
6,8 Kilometer
35. Bernd Hegemann       39:36 Min.   (5:49) 3.M45   35 % /21 %   
Ergebnisse zu dieser Veranstaltung in allen Jahren
6,8 Kilometer
35. Bernd Hegemann       39:36 Min.   (5:49) 3.M45   35 % /21 %   2013
Halbmarathon
165. Bernd Hegemann   SG Gruner+Jahr   1:45:15 Std.   (4:59) 41.M45   15 % /23 %  FANATIC-Strecke 2014
273. Bernd Hegemann       1:47:35 Std.   (5:06) 68.M40   21 % /29 %  FANATIC-Strecke 2012
24. Bernd Hegemann   SG Gruner+Jahr   1:52:51 Std.   (5:21) 5.M45   6 % /10 %  FAN-Strecke 2016
Ergebnisse pro Distanz/Disziplin in allen Jahren
6,8 Kilometer
59. Bernd Hegemann   SG Gruner+Jahr   29:54 Min.   (4:24) 17.M40   22 % /50 %   2007: 2. BSV-Crosslauf 2007/2008 (Hamburg Stadtpark)
35. Bernd Hegemann       39:36 Min.   (5:49) 3.M45   35 % /21 %   2013: 11. Heldenlauf (Hamburg (Blankenese))
 
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